Als Napoleons Truppen vor 200 Jahren durch die Region zogen

... von Giesela Schladerbusch

In der "Kreiszeitung Syke" erscheinen seit Ostern 2012 im "Sonntagstipp" unter der Rubrik "Damals & heute" Artikel mit dem Titel"Als Napoleons Truppen vor 200 Jahren durch die Region zogen",die der Redakteur Herr Heinrich Kracke nach verschiedenen Quellen u.a."Die Tagebuchaufzeichnungen des Bassumer Stammvaters Wilhelm Nöldeke (1772-1850)- Bassum zurzeit der Französischen Gewaltherrschaft", ausgearbeitet hat.

Gisela Schladerbusch hat diese "Tagebuchaufzeichnungen" einem guten Bekannten, Herrn Reinhard Hollborn aus Stuhr bei Bremen gesendet, der auf die Idee kam, dass diese Aufzeichnungen doch wert wären in die Zeitung gesetzt zu werden, da es sich genau um diese Region handelt und die Ereignisse genau vor 200 Jahren stattfanden. Herr Kracke war sehr angetan von den so anschaulich geschilderten Zuständen in der damaligen Zeit.Er hat dann in Archiven nach weiteren Quellen geforscht und diese hinzugezogen.Auch hat er die Artikel mit alten und neuen Fotos anschaulich dargestellt. Herr Hollborn hat sie gescannt und Gisela gesendet und Jan Karow hat sie so bearbeitet, dass sie auf die Homepage gestellt werden können."

Die Schimmel-Legende vom Wülfersberge Wülfersberge - Napoleon 6. Teil - vom 18./19.05.2012

BASSUM (kra). Als Napoleons Statthalter vor 200 Jahren die neue Heerstraße zwischen Hamburg und Paris planten, da wichen sie nur ganz selten von den geraden Linien ab, die sie meist von Kirchturm zu Kirchturm zogen. Es musste schon ein besonderer Grund vorliegen, wenn sie eine Kurve planten. Auf der Strecke zwischen Brinkum und Bassum lag ein solcher Grund vor: Der Wülfersberg. Noch heute befindet sich hier eine Kurve auf der sonst weiterhin meist schnurgeraden Bundesstraße 51.

Bei manchen Passanten löste dieser Abschnitt schon vor zwei Jahrhunderten heimatliche Gefühle aus. Wandersleute hatten die Landschaft wegen ihrer sanften Hügel und der schönen Wälder "Klein Thüringen" getauft. Anderen Benutzern der Straße lief ein kalter Schauer über den Rücken, wenn sie nur daran dachten. Denn am Kastendieker Wülfersberg ging es steil bergauf. So steil, dass die Pferde, die vor die Frachtwagen gespannt waren, an ihre Grenzen stieß. Die Nordwohlderin Ilse Wawrzinek-Mindermann weiß davon vom Hörensagen zu berichten. Ihre Wurzeln führen über ihre Mutter bis in das heutige "Alte Rasthaus", das am Fuße des Wülfersbergs liegt. Unter anderem in der Chronik des Nordwohlder Kirchspiels ist die ganze Geschichte aufgeführt. Demzufolge wussten die Kastendieker durchaus ihr Kapital aus der Heerstraße zu schlagen. Nicht nur der Häusler Friedrich Albers, dem die gelegentliche Reparatur der Straße entlohnt wurde, sondern auch der eigentlich aus Schorlingkamp bei Leerßen stammende Wilken Meyer. Ein Vierteljahrhundert vor dem Einzug der napoleonischen Truppen hatte er ein Häuslingshaus am Fuße des Wülferbergs erworben. In den folgenden Jahren entwickelte sich die Lage zum durchaus lukrativen Standort. Wegegelder wurden hier kassiert, eine Wirtschaft entwickelte sich zudem, die Vorläufer der heutigen Gastronomie.

Ein weiteres Zubrot lieferte der Berg. Die Fuhrwerke benötigten für diese Steigung zusätzliche Pferdestärken. Familie Meyer hielt Pferde zum Vorspanndienst bereit. Gegen Entgelt halfen die Tiere die Frachten den Berg hinaufzuziehen, ehe sie auf die Rastanlage zurückkehrten. Geradezu legendär ist die Geschichte des Schimmels vom Wülferberge. Er sei unter den Fuhrleuten besonders beliebt gewesen, dieser mächtige Schimmel. Nicht nur, dass er sich einspännig oder zweispännig mit aller Kraft ins Geschirr legte, sondern er kannte auch noch den Weg von der Höhe zum Stall ganz genau, und so pflegte er allein zurückzulaufen. Das ersparte dem jeweils jüngsten Fuhrmann das Zubrückbringen der Pferde und dem ganzen Tross einen zusätzlichen Aufenthalt.

Der Schimmel duldete es nicht, wenn das Pferd neben ihm, der "Bispänner" vom Wege abkam und vom Strauchwerk naschte. Mit Püffen und Bissen, so ist überliefert, pflegte er dann seine Stallgefährten auf Trab zu bringen. Als der Schimmel alt geworden war und das Gnadenbrot erhielt, trabte er oft noch neben den Vorspannpferden des Wegegeldeinnehmers einher, damit auch die Neulinge den Weg zurück kennenlernen. Von diesem Schimmel haben die Fracht- und Fuhrleute in den Schenken zwischen Weser und Rhein noch gern erzählt. Diese Raststätte jedenfalls überstand die gradlinigen napoleonischen Plöne unbeschadet. Und auch wenn die Höhe inzwischen mehrfach abgetragen wurde, immer mal wieder dann, wenn die Bundesstraße zu sanieren war, so hat doch die Region sogar ihre ursprünglichen Ortsbezeichnungen behalten. Das Rasthaus hieß bis ins zurückliegende Jahrhundert "Klein Thüringen". Und der Häusler Friedrich Albers, der sich im Winter mit der Lieferung von Feldsteinen aus der Kastendieker Heide verdingte, wusste ebenfalls der nachfolgenden Generation ein Zubrot zu verschaffen. Der älteste Sohn Hinrich betrieb das dem Vater abgelernte Geschäft des Steinesuchens weiter. Und das mit Erfolg. Eines Tages, so heißt es in dem Tagebuch seines Bruders Heinrich fand er nur einen Fuß tief einen besonders großen Stein, der, nachdem er gebohrt und gesprengt war, was er auch selbst besorgte, sechs Fuder Steine lieferte.


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